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Entwicklung des Gastgewerbes in Thüringen

Weiterhin positive Stimmung bei den Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben in Thüringen

Die konjunkturelle Situation in Deutschland ist nach wie vor positiv zu bewerten. Die deutsche Wirtschaft befindet sich das zehnte Jahr in Folge auf Wachstumskurs, wenngleich die Wirtschaftsdynamik wahrscheinlich etwas schwächer als in den Vorjahren ausfallen wird. Eine wachsende Wirtschaft garantiert stabile bis steigende Einkommen und fördert die Investitionstätigkeit der Unternehmen. Daraus resultiert auch eine steigende Nachfrage im Gastgewerbe, sowohl im Geschäftsreise- und MICE-Segment als auch bei den klassischen Urlaubern. Die deutsche Wirtschaft legte 2018 um 1,5 Prozent zu. * Das Wirtschaftswachstum in Thüringen lag jedoch nur bei 0,5 Prozent und damit klar unter dem bundesdeutschen Niveau. Insgesamt haben trotzdem rund 90 Prozent der Betriebe im Thüringer Gastgewerbe ihre Geschäftslage als gut bis befriedigend bewertet. ** Allerdings erwarten nur 80 Prozent dieser Betriebe, dass ihre Lage in dieser Saison stabil bleibt bzw. verbessert. Auch die aktuellen Ergebnisse aus dem Ifo-Konjunkturklimaindex und anderen Kennzahlen zeigen etwas verhaltenere Erwartungen als Reaktion auf die abflachende Wirtschaftsdynamik.

Gewinnmarge im Thüringer Gastgewerbe wieder auf Durchschnittsniveau

Die aktuelle wirtschaftliche Lage spiegelt sich auch in den Kennzahlen des Thüringer Gastgewerbes wider. Die Betriebsergebnisse und damit finanzielle Lage der Betriebe sind mittelfristig stabil. So konnten die gastgewerblichen Betriebe in Thüringen zwar ihre Rekord-Gewinnmarge aus dem Jahr 2016 nicht bestätigen, liegen aber mit durchschnittlich 7,8 Prozent Gewinn (Anteil am Umsatz) auf dem Niveau Ostdeutschlands (7,7 Prozent). In fast allen Bundesländern führte die gedämpfte Konjunktur zu geringeren Umsatzrenditen. *** Die hohen Gewinnmargen aus den Vorjahren führten in den Bilanzen des Jahres 2017 zu einer hohen Eigenkapitalquote. Somit sollten die Betriebe für künftige Investitionsvorhaben und auch Bonitätsprüfungen deutlich besser aufgestellt sein als noch in den Vorjahren.

Die Betriebe in Thüringen steigerten ihre Investitionen erneut

Trotz niedrigerer Gewinnmargen haben die gastgewerblichen Betriebe in Thüringen 2017 anteilig vom Umsatz mehr investiert als in den Jahren zuvor. Konstante Investitionen in Technik und Ausstattung führen zum dauerhaften Erhalt und zur Steigerung der Leistungsfähigkeit. Dabei sind die Bemühungen von Beherbergungsbetrieben (2,1 Prozent) und gastronomischen Betrieben (2,3 Prozent) als gleich stark zu bewerten.

Die höhere Investitionsbereitschaft ist auch aus den Ergebnissen der DIHK-Saisonumfrage abzulesen. Zwei von drei Thüringer Betriebe gaben an, im Jahr 2019 mindestens gleichbleibende oder steigende Investitionen zu planen. Dabei sind die Beherbergungsbetriebe (68,2 Prozent) in ihrer Planung optimistischer als die gastronomischen Betriebe (56,6 Prozent).

In Thüringen ist die Modernisierung im aktuellen Jahr das zentrale Thema bei der Investitionsplanung. Drei Viertel der Betriebe gaben an, ihren Nachholbedarf bei der Erneuerung von Ausstattung und Technik zu priorisieren. Die Themenfelder Produktinnovation, Rationalisierungsprozesse und Kapazitätserweiterungen sind eher nachrangig angesiedelt. Maßnahmen für den Umweltschutz landen in Thüringen sogar auf dem letzten Platz, bundesweit jedoch auf Rang drei. Hier wird deutlich, dass im thüringischen Gastgewerbe noch Nachholprozesse im Gang sind, auch was die Sensibilisierung für Zukunftsthemen angeht. Sinnvollerweise sollten Modernisierungsvorhaben mit Umweltschutzaspekten kombiniert werden, um auch längerfristig von den Investitionen zu profitieren und den Gästewünschen zu entsprechen.

Durchschnittliche Betriebsgröße der Beherbergungsbetriebe in Thüringen steigt

Die eher unterdurchschnittliche Investitionsbereitschaft in Thüringen liegt auch in der Betriebsstruktur begründet. In Thüringen ist mehr als jeder vierte Beherbergungsbetrieb ein Vollhotel. Im Durchschnitt werden je Hotel Kapazitäten von 88 Betten je Betrieb angeboten**** und in der Summe erwirtschaften die Vollhotels über die Hälfte des Branchenumsatzes in Thüringen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die kleineren Betriebe tendenziell umsatzschwach sind. Obwohl fast alle Beherbergungsbetriebe schwarze Zahlen schreiben, erzielen sie bei vergleichsweise niedrigen Übernachtungspreisen nur geringe Erträge. Nach Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen sind dann die Spielräume für Ersatz- oder Neuinvestitionen aus eigener Kraft äußerst begrenzt. Bleibt auch die Fremdfinanzierung aus, nimmt in der Folge häufig der Substanzwert der kleineren Unternehmen ab. Der Modernisierungsstau schlägt sich unter anderem in einem Nachlassen der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit nieder. Auch die Themen Fachkräftemangel, Unternehmensnachfolge und bürokratischer Aufwand sind Faktoren, welche Unternehmensaufgaben und somit auch eine weitere Marktbereinigung bei den kleinen Betrieben verstärken.

Der Fachkräftemangel ist weiterhin die größte Herausforderung im Gastgewerbe

Im Jahr 2018 waren in Thüringen rund 22.000 Personen sozialversicherungspflichtig im Gastgewerbe beschäftigt. ***** Damit hat die Branche einen Anteil von rund 2,8 Prozent an allen Beschäftigten im Bundesland. Dies ist der geringste Wert unter allen ostdeutschen Bundesländern. Deutschlandweit wollten 11,5 Prozent der befragten Betriebe in der Saison 2018 weiteres Personal einstellen, in Thüringen waren es nur 5,2 Prozent. Trotzdem blieben 2018 rund 1.100 Arbeitsstellen im thüringischen Gastgewerbe unbesetzt. Der Anteil unbesetzter Stellen ist mit 4,5 Prozent an allen unbesetzten Stellen gegenüber dem Anteil der Beschäftigten im Gastgewerbe überproportional hoch. Der Angebotsengpass auf dem Personalmarkt führt dazu, dass 47 Prozent der thüringischen Betriebe offene Stellen längerfristig nicht besetzen können. Jedoch gaben auch 39 Prozent der Betriebe an, gar keinen zusätzlichen Personalbedarf zu haben. Dieser Wert ist in vergleichbaren Ländern höher, was auf eine bessere Geschäftslage bzw. positivere Erwartungen an die Zukunft schließen lässt.

Der Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen in Thüringen hat sich seit 2008 sogar vervierfacht und lag 2018 bei 23,4 %. Für 2019 deutet sich eine temporäre Verbesserung in Abhängigkeit von den Schulabgängern an. Über alle Branchen hinweg sind in Thüringen „nur“ rund 11 Prozent der Ausbildungsstellen nicht besetzt. Insgesamt zeigt sich an diesen Zahlen, dass einerseits in den Betrieben zu wenig finanzielle Mittel für mehr Personal vorhanden zu sein scheinen, andererseits kaum geeignetes Personal zu finden ist.

Der Mangel an Fachkräften führt nicht nur zu einer verminderten Leistungsfähigkeit der Betriebe, sondern auch zu Betriebsaufgaben auf Grund von fehlendem Personal oder fehlender Unternehmensnachfolge. Die Herausforderungen sind also strukturell bedingt und lassen sich nicht so einfach nur auf betrieblicher Ebene beseitigen. Neben der Umsetzung von individuellen, einzelbetrieblichen Maßnahmen sind daher auch über-geordnete und interdisziplinäre Lösungsansätze gefragt. So hat die Wirtschaftsministerkonferenz 2018 einen Aktionsplan zur Fachkräftesicherung im Gastgewerbe er-arbeitet der nun mit konkreten Maßnahmen untersetzt werden soll.

Handlungsmaßnahmen für das Thüringer Gastgewerbe

Die aufgezeigten Rahmenbedingungen haben den aktuellen Handlungsspielraum der Betriebe deutlich aufgezeigt. Nun gilt es vorzusorgen und sich langfristig gut auf dem Markt aufzustellen. Das bedeutet konkret:

  • Für die Betriebe steht derzeit der Abbau des bestehenden Investitionsstaus ganz oben auf der Prioritätenliste, denn die Qualitätsansprüche der Gäste werden weiter zunehmen.
  • Im Gastgewerbe bedarf es zunehmend einer klaren Positionierung und Abgrenzung gegenüber den Wettbewerbern. Im Zuge der Modernisierung sind die Betriebe also gut beraten, strategische Gesamtkonzepte zu erarbeiten und Schritt für Schritt umzusetzen.
  • Auch müssen Konzepte und Pläne zur Umsetzung der fortschreitenden Digitalisierung auf der Betriebsebene mitgedacht werden sowie der Einsatz finanzieller Mittel für die entsprechende personelle und technische Ausstattung.
  • Der Fachkräftemangel ist ein Entwicklungshemmnis für die Branche. Gute Arbeit muss auch gut entlohnt werden. Darüber hinaus spielen Bindungsfaktoren wie ein angenehmes Betriebsklima, geregelte Arbeitszeiten sowie Weiterbildungsmaßnahmen eine immer größere Rolle. Hier sind die Betriebe und Gesetzgeber hinsichtlich der Schaffung und Finanzierung diesbezüglicher Möglichkeiten in der Pflicht. Zudem sollten sich Betriebe und Branchenverbände intensiv mit den Anforderungen der modernen Arbeitswelt auseinandersetzen, insbesondere damit, wie die neuen Arbeitnehmergenerationen ticken und wie man sie im Sinne der Nachwuchssicherung erreichen kann.
  • Kooperationen und Netzwerke entscheiden über die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe. Eine Teilnahme an Marketingkooperationen, Einkaufsgenossenschaften oder Stammtischen für Know-how-Transfer kann sich positiv auf das Betriebsergebnis auswirken und den Wissenstand der Beteiligten bereichern.

Anmerkungen und Quellen (*)

*             Statista 2019.

**          DIHK-Saisonumfrage 2018.

***        Ostdeutscher Sparkassenverband, Sparkassen-Tourismusbarometer Ostdeutschland, Jahresbericht 2018 (Daten DSV; aufgrund der verzögerten Erstellung der Jahresabschlüsse der   Unternehmen Stand 2017).

****      Thüringer Landesamt für Statistik 2019.

*****    Bundesagentur für Arbeit 2019.

Dieser Beitrag wurde erstellt in Zusammenarbeit mit Karsten Heinsohn von der dwif-Consulting GmbH. Sie können den Beitrag hier im PDF-Format herunterladen:

Marktforschungsnewsletter 92019_Entwicklung des Gastgewerbes in Thüringen (195.1 KiB)



Autorin: Marktforschung
Thüringer Tourismus GmbH
E-Mail: marktforschung@thueringen-entdecken.de
Telefon: +49 361 3742239
Kategorien:
Gastgewerbe · Infrastruktur · Marktforschung · Statistik · TTG


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