Im ersten Halbjahr 2023 verzeichnete Thüringen mit 4,54 Millionen Übernachtungen in gewerblichen Betrieben mit mehr als zehn Betten rund ein Fünftel mehr Übernachtungen als im Vorjahreszeitraum 2022, der zu Jahresbeginn noch stark durch die Pandemie geprägt war. Damit liegt das Bundesland über dem deutschen Durchschnitt von 16,3 % und belegt zusammen mit Sachsen den fünften Platz im Bundesländerranking. Wirft man einen Blick auf die Vor-Pandemie-Werte von 2019, so zeigt sich, dass Thüringen mit 2,7 % weniger Übernachtungen im ersten Halbjahr 2023 unter dem bundesweiten Durchschnitt von 1,7 % liegt und sich im Bundesländerranking im hinteren Mittelfeld platziert. Der Aufholprozess hat jedoch begonnen. Sieben Bundesländer konnten 2023 nicht nur das Vorjahresniveau, sondern auch die Übernachtungszahlen des Jahres 2019 übertreffen. Neben dem Küstenbundesland Schleswig-Holstein (+8,1 % ggü. 2019) gelang dies vielen städtisch geprägten Bundesländern wie Hamburg (+5,7 %), Bremen (+1,1 %) oder Nordrhein-Westfalen (+1,0 %), die in den letzten Jahren besonders starke Einbrüche zu verzeichnen hatten und einer langsameren Recovery unterlagen als Flächendestinationen. Brandenburg (+0,9 %) und Baden-Württemberg (+0,5 %) waren ebenfalls gegenüber 2019 im Plus.
Das erste Halbjahr verlief für die Thüringer Betriebe sehr ambivalent. Im Januar fehlte den Betrieben gegenüber 2019 noch rund jede zehnte Übernachtung. Im Februar (-1,5 %) und März (-0,8 %) war man nicht mehr weit vom Ausgangsniveau entfernt und lag in beiden Monaten deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Im April erreichte Thüringen mit -0,8 % bei den Übernachtungen ebenfalls fast wieder die Übernachtungszahlen des Jahres 2019, im Mai lag das Bundesland mit +3,3 % sogar darüber. Zu Beginn des Sommers gab es einen erneuten Einbruch. Mit einem Übernachtungsrückgang von -7,2 % fiel Thüringen deutlich unter den Bundesdurchschnitt von -2,2 %. Gerade in den Sommermonaten mit Fokus auf die Haupturlaubsreisen ist die Konkurrenz aus dem Ausland für die deutschen Destinationen spürbar größer als in den Vorjahren.
Zu Jahresbeginn 2023 erfolgte in Thüringen eine Neuordnung der statistischen Reisegebiete seitens des Thüringer Landesamtes für Statistik. Für die elf neuen Reisegebiete ist aktuell nur ein Vergleich mit dem Jahr 2022 möglich. Rückwirkende Daten stehen nicht zur Verfügung. Auch tiefergehende Analysen im Bereich Herkunftsmärkte und Betriebstypen sind für Thüringen aktuell aufgrund fehlender Daten seitens des Thüringer Landesamtes für Statistik nicht möglich.
Alle Thüringer Reisegebiete meldeten gegenüber dem Vorjahr ein Übernachtungsplus. Allen voran die Stadt Erfurt, wo im ersten Halbjahr 2023 35,1 % mehr Übernachtungen als im Vergleichszeitraum 2022 getätigt wurden. Dies zeigt, dass der Städtetourismus auch in Thüringen wieder gut angelaufen ist. Das volumenstarke Reisegebiet Thüringer Wald, in dem etwas mehr als jede Dritte Übernachtung in Thüringen gezählt wird, legte leicht unterdurchschnittlich um 16,8 % zu.
Auch der im letzten Jahr noch mit besonders deutlichen Einbrüchen belastete Incoming-Markt zeigt 2023 bundesweit klare Erholungstendenzen. In Thüringen lagen die Übernachtungszahlen aus dem Ausland noch 8,5 % vom Vor-Pandemie-Niveau des Jahres 2019 entfernt. Bundesweit waren die Rückgänge mit -12,1% etwas stärker. Besonders deutlich wird diese Entwicklung, wenn man einen Blick auf die Vorjahreszahlen wirft. Während die Übernachtungen inländischer Gäste in Thüringen im ersten Halbjahr 2023 um 19,2 % gestiegen sind, legten die der ausländischen Gäste um 27,3 % zu (D: Inland +12,9%, Ausland +37,9%).
Bei der Bettenauslastung lag Thüringen im ersten Halbjahr 2023 mit 33,0 % auf Platz zwei der ostdeutschen Bundesländer. Gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 fehlen noch 1,2 Prozentpunkte. Damit liegt Thüringen im bundesweiten Durchschnitt.
Rund 60 % der Thüringer Touristiker:innen und damit ähnlich viele wie in Ostdeutschland insgesamt zeigten sich bis Mitte August mit der Nachfrageentwicklung in der bisherigen Sommersaison zufrieden. Das zeigt die Stimmungsumfrage des Sparkassen-Tourismusbarometers Ostdeutschland in den Orten und Regionen im Bundesland. Die Erwartungen an den Herbst machen Hoffnung. Alle Befragten gehen von steigenden Übernachtungszahlen gegenüber dem Vorjahr aus, rund ein Drittel erwartet, dass auch das Nachfrageniveau von 2019 übertroffen wird. Das sind deutlich positivere Erwartungen als in Ostdeutschland insgesamt.
Der Thüringen-Tourismus stabilisiert sich und holt bei einigen Kennzahlen auf. Auch mit Blick auf die Erwartungen aus der Branche ist eine gewisse Trendumkehr festzustellen und zunehmend macht sich trotz der weiterhin volatilen Rahmenbedingungen vorsichtiger Optimismus breit. Diese zunehmende Dynamik und positive Grundstimmung sollte genutzt werden, um die Angebote weiterzuentwickeln. Gerade die „Draußen“-Aktivitäten, der Städtetourismus und auch wieder der promotable Geschäftstourismus bieten hier Potenzial für Thüringen.
Gefragt ist zudem eine zunehmende Investitionsbereitschaft in allen Teilen der Branche. Gleichzeitig sind Nachfolgeregelungen wichtig und braucht es Anreize für mehr Gründertum, um gerade in der Fläche im ländlichen Raum entsprechende Angebote (wettbewerbsfähig) halten zu können, eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Entwicklung z.B. der Segmente Wandern und Radfahren.
Die erwartete Konsolidierung bei den Kurzreisen ist teilweise eingetreten. Hier werden aber erst die Zahlen für den Spätsommer und Herbst zeigen, in welchem Ausmaß. Aufgrund des immer kurzfristigeren Buchungsverhaltens werden somit gezielte Kommunikationsmaßnahmen (zeitlich und zielgruppenbezogen ausgesteuert) wichtiger.
Beim großen Thema Nachhaltigkeit ist der Tourismus betroffen und verantwortlich zugleich. Umso wichtiger, dass die Branche hier einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit, Biodiversität und Klimaschutz leistet.
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