Digitale Barrierefreiheit ist Pflicht
Digitale Barrierefreiheit ist mehr als eine gute Geste – sie ist gesetzlich vorgeschrieben. Spätestens seit Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) ist klar: Digitale Angebote müssen für alle Menschen zugänglich sein, unabhängig von Einschränkungen. Das betrifft auch Websites und Buchungsplattformen im Tourismusbereich.
Was sind Overlay Tools?
Overlay Tools (auf Deutsch: Überlagerungswerkzeuge) sind Softwarelösungen, die auf bestehende Websites „aufgesetzt“ werden. Sie versprechen, Barrieren mit wenigen Klicks zu beseitigen – beispielsweise durch Kontrasteinstellungen, Vorlesefunktionen oder Schriftvergrößerungen. Diese Tools sind häufig schnell implementiert und wirken auf den ersten Blick hilfreich.
Vielversprechende Werbeversprechen – aber keine nachhaltige Lösung
Aktuell erleben viele Tourismusakteure, dass Webagenturen oder spezialisierte Anbieter ihnen Overlay Tools als einfache Lösung für digitale Barrierefreiheit empfehlen. Die Versprechen klingen verlockend: „In wenigen Minuten barrierefrei“, „100 % gesetzeskonform“, „ohne Änderungen an Ihrer Website“.
Bekannte Tools sind zum Beispiel:
- Eyable
- accessiBe
- UserWay
- EqualWeb
- AudioEye
Diese Tools lassen sich per JavaScript in die Website einbinden und bieten eine Nutzeroberfläche, mit der beispielsweise Kontraste angepasst, Schriftgrößen verändert oder Inhalte vorgelesen werden können.
Was Overlay Tools (nicht) leisten
Overlay Tools arbeiten „oberflächlich“: Sie setzen auf die bestehende Website auf, verändern aber nicht den zugrunde liegenden Code oder die Struktur. Die wichtigsten Probleme:
- Nur scheinbare Barrierefreiheit: Overlay Tools verbessern oft nur die Oberfläche, beheben aber nicht die strukturellen Barrieren im Code. Overlays funktionieren in der Regel nur für Websites, die über den Browser bedient werden. Aber die Mehrheit der User nutzt Websites inzwischen über mobile Endgeräte, so dass eine barrierefreie und responsive Programmierung einer Website mehr Sinn macht.
- Eingeschränkte Nutzerfreundlichkeit: Viele Menschen mit Behinderungen nutzen eigene Hilfsmittel, etwa Screenreader. Overlay Tools können deren Nutzung stören oder sogar blockieren.
- Rechtliche Unsicherheit: Die Nutzung von Overlay Tools entbindet nicht von der Pflicht zur echten Barrierefreiheit. Webseitenbetreiber riskieren Abmahnungen und Klagen, wenn ihre Angebote weiterhin nicht barrierefrei sind.
- Mangelnde Nachhaltigkeit: Die Tools sind häufig nicht zukunftssicher und bergen Risiken bei der Weiterentwicklung oder Wartung.
Nachhaltige Barrierefreiheit statt schneller Pflasterlösungen
Statt auf scheinbar einfache Tools zu setzen, sollten touristische Anbieter auf strukturelle digitale Barrierefreiheit achten. Dazu gehören:
- Barrierefreie Gestaltung bereits in der Konzeptionsphase
- Technische Umsetzung nach anerkannten Standards, wie den WCAG (Web Content Accessibility Guidelines)
- Einsatz qualifizierter Fachkräfte und barrierefreier Content-Management-Systeme
- Tests mit Betroffenen und regelmäßige Evaluation