Bleisure-Travel, die Kombination von Geschäftsreise und Urlaub, gehört weltweit zu den am schnellsten wachsenden Reisesegmenten. Sind aber die Destinationen und Gastgeber in Deutschland auf die Verlängerungswünsche der Geschäftsreisenden oder ihrer mitreisenden Partner eingestellt? Die Professoren Peter Neumann und Sven Pastowski von der IU Internationale Hochschule haben sich in einer aktuellen Studie damit beschäftigt und erstaunliche Angebotslücken entdeckt.
Neumann und Pastowski haben zusammen mit ihren Studierenden über 100 Vertreter*innen aus Hotellerie, Gastronomie, Destinationsmanagement und Reisevertrieb sowie aus dem Freizeit- und MICE-Sektor interviewt. Das Ergebnis: Fast 70 % aller befragten Leistungs-träger*innen bieten ihren Gästen noch keine spezifischen Bleisure Travel-Produkte an. Auch die Frage nach möglichen Kooperationen mit weiteren Tourismusanbietenden zeigt, dass das Thema Bleisure Travel noch nicht in der Tourismuspraxis Deutschlands angekommen ist. Lediglich 28 % der Befragten haben sich mit anderen Partnern auf B2B-Basis zusammengeschlossen, um der Zielgruppe attraktive Angebote zu unterbreiten.
Dabei werden die Reiseausgaben für Bleisure Travel weltweit auf 200 Milliarden US-Dollar geschätzt und sie sollen sich bis 2027 mehr als verdoppeln (Euromonitor, 2022). Deutschland profitiert von dieser Entwicklung besonders: So betreiben bereits mehr als 80 % aller deutschen Geschäftsreisenden Bleisure Travel (DRV, 2023) und mehr als ein Drittel aller ausländischen Geschäftsreisenden verlängern ihren Business-Trip nach Deutschland um einen privaten Aufenthalt (DZT, 2024).
„Trotz des riesigen Marktpotenzials sind die deutschen Städte, Regionen und das Gastgewerbe bisher kaum auf diesen Trend eingestellt,“ sagt Mitautor Prof. Dr. Peter Neumann, „und verpassen viel Wertschöpfung durch eine ausgabefreudige Zielgruppe.“
Gen-Y und Gen-Z als attraktive Zielgruppen
Dabei liegen die Vorteile auf der Hand. Die Zielgruppe ist bereits in der Destination und muss nicht mit hohen Marketingkosten angeworben werden. An- und Abreise werden meist vom Arbeitgeber oder Auftraggeber finanziert. Damit steht den Bleisure-Reisenden ein deutlich höheres Budget für Kultur, Freizeit, Gastronomie und Mobilität zur Verfügung, das in der Stadt oder Region ausgegeben wird.
Die befragten Experten sind sich einig, dass die Lebensphilosophie der jüngeren Geschäfts-reisenden (Gen-Y und Gen-Z) die größte Affinität zu Bleisure Travel-Angeboten bietet. Unternehmen und Behörden könnten damit ihren Mitarbeitenden einfach und kostengünstig einen zusätzlichen Mitarbeiter-Benefit anbieten.
Handlungsempfehlungen für Städte und Regionen
Für die Umsetzung des Bleisure Travel-Konzeptes ist ein kontinuierlicher Austausch und die Einbeziehung der verantwortlichen Stakeholder innerhalb der Destination erforderlich. Ein gutes Binnenmarketing mit einem regelmäßigen Austausch zu den Wünschen der Geschäfts-reisenden ist die Grundlage für eine erfolgreiche Bleisure-Destination.
Ähnlich wie im klassischen Destinationsmarketing ist eine strategische Produktentwicklung, die die spezifischen Erwartungen der Bleisure-Reisenden und die Attraktionen der Stadt oder Region einbezieht, von großer Bedeutung. Dabei spielen Besonderheiten wie das Zeit- und Finanzbudget der Geschäftsreisenden, die Sicherstellung, trotz Urlaub beruflich erreichbar zu sein oder auch die Interessen der eventuell mitreisenden Partner eine Rolle.
Nicht zuletzt kommt der Kommunikation von Inspirationen und attraktiven Angeboten, den geschäftlichen Aufenthalt um private Aspekte zu verlängern, eine enorme Bedeutung zu. Da die Entscheidung, die Geschäftsreise um private Aufenthalte zu verlängern, in der Regel nicht erst in der Destination getroffen wird, sollten diese Angebote vorab kommuniziert wer-den. Hierbei ist auch eine konsequente Zielgruppenausrichtung unerlässlich.
Peter Neumann: „Durch Bleisure Travel ist für Destinationen, das Gastgewerbe und die gesamte MICE-Branche eine deutliche Steigerung der touristischen Wertschöpfung möglich. Durch eine gute Zusammenarbeit der Tourismusanbieter*innen, attraktive Partner- und Verlängerungsangebote sowie eine spezielle Kommunikation können Städte und Regionen neue Marktsegmente erschließen.“
Zur Studie
Die Studie „Bleisure Travel – Potenziale und Handlungsempfehlungen für die Tourismuspraxis“ von Peter Neumann, Sven Pastowski und Sonia Carpinelli können Sie hier herunterladen.
Ansprechpartner
Der Mitautor Prof. Peter Neumann steht Ihnen gern für ein Gespräch oder weitere Informationen zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich an:
NeumannConsult
Prof. Dr. Peter Neumann
Alter Steinweg 22
48143 Münster
Tel: +49 (0)251/4828633
E-Mail: neumann@neumann-consult.com