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Neue Einblicke: Sinus-Milieus

©Quelle: Thüringer Tourismus GmbH

Um die passenden Zielgruppen auszuwählen, besser verstehen und ansprechen zu können, nutzt der Thüringen-Tourismus das Gesellschaftsmodell der Sinus-Milieus. Diese fassen Menschen mit ähnlichen Werten und einer vergleichbaren sozialen Lage zu “Gruppen Gleichgesinnter” zusammen. Nun gibt es hierzu Neuigkeiten aus einer qualitativen Studie der SINUS Markt und Sozialforschung GmbH. Sie befragten Vertreter:innen der einzelnen Milieus zu ihrem Reiseverhalten in Thüringen und liefert damit wichtige Einblicke für die Branche. 

12% der deutschen Bevölkerung gehören dem Milieu der Adaptiv-Pragmatischen Mitte an. Damit ist es neben dem Milieu der Postmateriellen (ebenfalls 12%) das größte Sinus-Milieu in Deutschland. Die Tendenz des Adaptiv-Pragmatischen Milieus ist zudem steigend: Bis 2030 wird sein Anteil auf 13% anwachsen.

 

Zielgruppenfokus: SINUS-Milieus für den Thüringen-Tourismus

Fokus liegt auf dem Postmateriellen Milieu, dem Konservativ-Gehobenen Milieu und der Adaptiv-Pragmatischen Mitte

2021 fand eine Aktualisierung des Sinus-Milieu-Modells statt, die die Strukturen neu und schärfer abbildet. Dabei flossen neue gesellschaftliche Entwicklungen in das Modell mit ein, die sich auch in den Gästestrukturen im Freistaat wiederfinden. Der Thüringen-Tourismus konzentriert sich auf die drei folgenden Milieus: 

Das Postmaterielle Milieu geht als neues Milieu aus einem Zusammenwachsen der ehemaligen Liberal-Intellektuellen und Sozialökologischen hervor. Ein hohes Nachhaltigkeits- und Gesellschaftsbewusstsein zeichnet dieses Milieu aus. Dies zeigt sich sowohl in einer Vorliebe für Natur als auch Kultur.

Die Konservativ-Gehobenen sehen sich einer zunehmenden Erosion der gesellschaftlichen Führungsrolle und einem allmählichen Statusverlust gegenüber. Dadurch verstärkt sich bei ihnen der Wunsch nach Ordnung und festen Strukturen.

Schon heute eines der beiden größten Milieus und zudem ein wachsendes Zukunftsmilieu ist die Adaptiv-Pragmatische Mitte. Sie prägt den modernen Mainstream und zeichnet sich durch Anpassungs- und Leistungsbereitschaft, Nützlichkeitsdenken, aber auch den Wunsch nach Spaß und Unterhaltung aus. Gleichzeitig wird dieses Milieu aber aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung zunehmend unsicher.

Grundsätzlich steigt in der deutschen Gesellschaft insgesamt die Bedeutung von Werten wie Nachhaltigkeit und Resilienz, geprägt durch äußere Einflüsse wie die Corona-Pandemie. Diese Entwicklung kann jedoch bei einzelnen Milieus auch zu einer ablehnenden Haltung gegenüber dem Thema Nachhaltigkeit führen.

 

Reiseverhalten der Thüringen-Relevanten Sinus-Milieus

Milieus sind offen für unterschiedliche Urlaubsformen

2018 befragte das Sinus-Institut bereits in einer qualitativen Studie die für Thüringen relevanten Zielgruppen zu ihrem Reiseverhalten. Bedingt durch die Veränderung des Milieu-Modells fand 2022 eine Aktualisierung dieser Studie statt. Dabei wurden jeweils fünf Vertreter:innen der ausgesuchten Milieus qualitativ befragt.

Grundsätzlich stehen alle befragten Milieus dem Reisen als solches und verschiedenen Reiseformen sehr offen gegenüber. Die Reisen im Jahr variieren dabei nach Reiselänge und Reiseziel. Urlaub in Deutschland eignet sich aus ihrer Sicht vor allem für Kurztrips. Durch die Corona-Pandemie hat sich die Nachfrage nach Urlaub im eigenen Land weiter verstärkt. Das Reisemotiv unterscheidet sich kaum zwischen den verschiedenen Milieus. Die wichtigsten Gründe sind das Entfliehen aus dem Alltag, abzuschalten und sich zu erholen und neue Kulturen, Menschen und Landschaften kennenzulernen.

Die Reiseform Camping, die durch die Corona-Pandemie einen Aufschwung miterlebte, kann sich generell die Mehrheit der Befragten für einen Urlaub vorstellen. Dabei unterscheidet sich jedoch die bevorzugte Art des Campens einzelner Milieus: Während die Konservativ-Gehobenen dem Camping etwas skeptischer gegenüberstehen und auf Platz und Komfort setzen, sind für die Postmateriellen abwechslungsreiche Freizeitmöglichkeiten in der Umgebung ein entscheidendes Kriterium. Durch alle Milieus zieht sich die hohe Erwartung an die Sanitäranlagen auf dem Campingplatz. Diese müssen sauber und hygienisch sein und bilden mit Abstand die wichtigste Grundlage für einen gelungenen Camping-Urlaub.

 

Kombination Kultur und Natur für viele Gäste attraktiv

Die Kombination von Kultur und Natur wird von den befragten Zielgruppen-Vertreter:innen als attraktiv angesehen. Im ländlichen Raum sind kulturelle Angebote jedoch oft nur schwer zu finden. Einige der Befragten haben dennoch positive Erfahrungen mit ländlichen Kulturerlebnissen in Thüringen gemacht, beispielsweise durch eine Waldbühne in der Nähe eines Campingplatzes. Beliebt ist unter den Befragten auch die Verbindung von Kultur und Natur, indem sie Städtetrips mit Ausflügen ins Umland oder Urlaube in der Natur mit Tagesausflügen in nahgelegene Städte kombinieren.

 

Vielfältige Inspirationsquellen, Flexibilität und Individualität bei der Buchung

Die Inspirationsquellen der befragten Zielgruppen-Vertreter:innen für die Reise können vielfältig sein. Sie reichen von Dokumentationen und Fernsehreportagen, Empfehlungen von Freund:innen und Bekannten bis hin zu Prospekten, Büchern oder Sozialen Medien. Ist die Entscheidung für ein Reiseziel gefunden, erfolgt eine deutlich zielgerichtetere Suche nach Informationen, insbesondere online über Tourismus-Websites und Buchungsportale. Als Konkurrenz zum klassischen Reiseführer gewinnt Google Maps an Bedeutung. Soziale Medien spielen für die Urlaubsplanung derzeit eine untergeordnete Rolle. Wenn doch, dann dient hauptsächlich Instagram als Quelle. Die Plattform wird sowohl für die Inspiration des Reiseziels als auch für die Detailplanung von Aktivitäten genutzt. Neben Influencer:innen besuchen die Interessent:innen die Profile der Tourismusorganisationen, beispielsweise „Thüringen entdecken“.

Für die Planung und Buchung ihrer Urlaubsreisen setzen die befragten Milieu-Vertreter:innen auf möglichst hohe Flexibilität und Individualität. Reisebüros oder Pauschalreisen werden weniger stark nachgefragt. Geht es jedoch um die Planung von Aktivitäten vor Ort, steigt der Wunsch nach Informationen und Vermittlungsangeboten wie Führungen. Insbesondere bei kürzeren Urlaubsreisen werden die Aktivitäten bereits im Vorfeld geplant und gebucht, wodurch eine hohe Sichtbarkeit über digitale Medien zu einem wichtigen Wettbewerbsvorteil wird.

 

Wetter und Erreichbarkeit als stärkste Entscheidungskriterien

In erster Linie sind es unbeeinflussbare Aspekte wie das Wetter, die für die Wahl von Thüringen als Urlaubsdestination entscheidend sind. Doch durch die dahinter folgenden Faktoren kann das Profil auf dem Markt geschärft werden, beispielsweise durch ein attraktives kulturelles Angebot, hochwertige Gastronomie und Unterkünfte. Spricht man die Befragten gezielt auf den Preis an, ist er für fast alle befragten Vertreter:innen der Milieus entscheidend.

 

Unterschiede zwischen den Milieus bei der Einstellung zu Nachhaltigkeit

Das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt alle Milieus, wird jedoch völlig unterschiedlich gehandhabt. Die Konservativ-Gehobenen wollen nicht zugunsten der Nachhaltigkeit auf Komfort verzichten und möchten ihr Reiseverhalten nicht einschränken. Postmaterielle finden das Thema wichtig und setzen gezielt Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit im Urlaub um. Dagegen sind sich die Adaptiv-Pragmatischen der Bedeutung von Nachhaltigkeit zwar bewusst, wissen aber nicht, wie sie Nachhaltigkeit im Urlaub konkret umsetzen können und achten beispielsweise bei der Anreise stärker auf den Preis als auf die Umweltverträglichkeit.

Für die Wahl des Reiseziels spielt Nachhaltigkeit derzeit noch eine untergeordnete Rolle. Zwar begrüßen alle drei für den Thüringen-Tourismus relevanten Milieus eine schöne und saubere Natur. Dabei muss es sich aber nicht zwingend um ein Naturschutzgebiet handeln. Trotzdem gewinnt das Thema Nachhaltigkeit im Urlaub gerade bei den Postmateriellen an Bedeutung. Die Bahn kommt für alle Milieus als Verkehrsmittel für die Reise nach Thüringen in Frage, auch aus Nachhaltigkeits-aspekten. Jedoch spielen hier unterschiedliche Einflussfaktoren eine Rolle: Die Konservativ-Gehobenen bevorzugen eine reibungslose und komfortable Anreise, die Adaptiv-Pragmatischen ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und die Postmateriellen Flexibilität und entspanntes Reisen. Auch Barrierefreiheit wird von den Milieus begrüßt, selbst wenn sie nicht persönlich darauf angewiesen sind.

Vegane oder vegetarische Gerichte sind für die Konservativ-Gehobenen weniger wichtig als für die anderen beiden Milieus. Jedoch vereint alle Befragten der Wunsch nach regionaltypischen und authentischen Speisen.

 

Genießen, Erkunden und Erleben stehen im Vordergrund

Das Konservativ-Gehobene Milieu kann sich während des Urlaubs insbesondere für qualitativ hochwertige Kulturerlebnisse und Gastronomieangebote begeistern. Sie teilen das Interesse an Kultur mit den Postmateriellen, die jedoch stärker aktiv werden und Authentizität suchen. Für die Adaptiv-Pragmatischen steht dagegen der Unterhaltungsfaktor an erster Stelle. Obwohl alle drei Milieus gerne populäre Sehenswürdigkeiten besuchen, meiden sie eher Menschenmassen.

Die Offenheit gegenüber multimedialen Führungen, zum Beispiel durch Audioguides, hängt unter anderem von der Sicherheit im Umgang mit digitalen Medien ab. Während Postmaterielle sich die Urlaubsumgebung gerne selbst erschließen, schätzen Adaptiv-Pragmatische das Persönliche bei klassischen Führungen, auch wenn deren Qualität stark von der führenden Person abhängt. Dabei zeigen alle Milieus ein grundsätzliches Interesse an Geschichte, wobei die Adaptiv-Pragmatischen weniger Vorwissen mitbringen.

Gute Führung spielt auch für aktive Tätigkeiten eine große Rolle. Bei Rad- und Wanderwegen wünschen sich die Vertreter:innen aller drei Sinus-Milieus eine gute Beschilderung, sicher ausgebaute und befestigte Wege und ausreichend Gelegenheiten zur Einkehr. Gesundheits- und Präventionsangebote während einer Reise sind zum Teil noch unbekannt. Einige der Befragten nehmen diese bereits in ihrem Alltag wahr, für andere ist dies derzeit kein Thema. Das Bewusstsein nimmt jedoch mit dem Alter zu. Entscheidend sind die richtige Kommunikation und der Umgang mit Vorbehalten gegenüber gewissen Angeboten und ihren Bezeichnungen (z. B. „Entspannung“ statt „Yoga“). Insbesondere Kochkurse stoßen bei allen drei Milieus auf Begeisterung und lassen sich gut mit authentischer Küche verbinden.

 

Weitgehend positives Image

Die Verbindung von Natur und Kultur wirkt sich positiv auf das Image von Thüringen als Reiseziel aus. Dabei spielt insbesondere das Zusammenspiel von weitläufigen, ländlichen Regionen mit hochwertiger Kulinarik und historischen Städten eine wichtige Rolle. Viele der Befragten assoziieren mit dem Bundesland grüne Wälder und schöne Wanderwege. Allerdings bestehen bei manchen Zielgruppen-Vertreter:innen noch Vorurteile und negative Assoziationen mit Thüringen und Ostdeutschland generell, insbesondere in politischer Hinsicht.

 

Ausblick

Die Milieus der Konservativ-Gehobenen und Postmateriellen zeigen ein hohes Interesse an einem Urlaub in Thüringen. Zudem fungieren sie auch als eine Art Leitmilieu für darunterliegende Milieus. Die Adaptiv-Pragmatischen haben erst angefangen, Thüringen als Reiseziel für sich zu entdecken und benötigen noch mehr Inspiration. Alle drei Zielgruppenmilieus haben weiterhin ein großes Potenzial und eine gute Zukunftsperspektive. Das touristische Angebot Thüringens bildet eine gute Ausgangsposition, um diese Potenziale weiter zu erschließen. Entscheidend ist jedoch, sowohl die Kommunikation als auch die Produkte im Thüringen-Tourismus an diesen drei Milieus, ihren Reisemotiven und ihren spezifischen Bedürfnissen auszurichten. Aktuelle Trends und Entwicklungen in den unterschiedlichen Segmenten geben zudem Hinweise darauf, wie sich der Thüringen-Tourismus aufstellen sollte, um mit seinem Angebot am Puls der Zeit zu bleiben. Die Akteur:innen auf allen Ebenen sind hier insbesondere in der Entwicklung zukunftsfähiger Produkte gefordert. 

 

Newsletter zum Download: 

2/2023: Neue Einblicke in die Sinus-Milieus (289.1 KiB)



Autorin: Mareike Sager
Thüringer Tourismus GmbH
Umsetzungsmanagement
E-Mail: m.sager@thueringen-entdecken.de
Telefon: +49 361 3742238
Telefax: +49 361 3742299
BEITRAG VOM:
15. Juni 2023

Kategorien:
Marktforschung · Marktforschung/Trends · Marktforschungsnewsletter · Statistik · Studien · Tourismusstrategie


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