Menü

Der Thüringen-Tourismus entwickelt sich nur verhalten optimistisch

­­1. NACHFRAGEENTWICKLUNG JAN. BIS SEP. 2022

Thüringen trotz leichter Erholung noch vom Bundesdurchschnitt entfernt

Die gewerblichen Betriebe ab zehn Betten in Thüringen registrierten zwischen Januar und September 2022 6,94 Millionen Übernachtungen und damit rund eine Million weniger als im gleichen Zeitraum 2019. Die pandemiebedingten Rückgänge werden damit immer geringer. Mit einem Minus von 13,2 % gegenüber 2019 liegt Thüringen im Bundesländervergleich im hinteren Drittel und unter dem deutschen Durchschnitt von 9,6 %. Schleswig-Holstein konnte als einziges Bundesland das Ergebnis von 2019 übertreffen.

Annäherung an das Normalniveau

Etwas optimistischer stimmt der Blick auf die Monatsergebnisse. Die besonders hohen Rückgänge zu Jahresbeginn sind überwunden. Im September waren die Thüringer Betriebe nur noch 5,9 % von den Übernachtungszahlen des Jahres 2019 entfernt. Im bundesweiten Vergleich (-1,1 %) hat Thüringen hier aber weiterhin Aufholbedarf. Lediglich Berlin schnitt hier schlechter ab. Auch die hohen Rückgänge im August (-16,4 %) – ein Monat, in dem der Großteil der Bundesländer die Übernachtungszahlen übertraf – stimmen bedenklich.

Eichsfeld und Übriges Thüringen über dem Bundesdurchschnitt

Wenngleich keine Thüringer Region Übernachtungszuwächse gegenüber 2019 vermelden kann, so ist die Situation im Eichsfeld (-6,1 Prozent) und im Übrigen Thüringen (-7,6 %) weniger angespannt als in den anderen Regionen des Bundeslands. Beide Regionen liegen über dem deutschen Durchschnitt und somit im Mittelfeld aller bundesweit betrachteten 143 Regionen. Im Übrigen Thüringen (+0,1 %) konnte im September das 2019er Ergebnis sogar leicht übertroffen werden. Deutlich zurück liegen hingegen weiterhin der das Thüringer Vogtland (-17,6 %) und die Städte Eisenach, Erfurt, Jena und Weimar (-17,2 %). Besonders stark wiegen auch die Verluste im Thüringer Wald. Hier fehlen gegenüber 2019 noch rund 428.000 Übernachtungen. Im August fehlte im Thüringer Wald gegenüber 2019 sogar etwas mehr als jede vierte Übernachtung.
Hinweis: Großevents wie z.B. die BUGA 2021 hatten nachweislich eine positive Auswirkung auf die Übernachtungsentwicklung in Thüringen. Daher sollte Thüringen in den kommenden Jahren weitere solcher Events ins Land holen.

Nur langsame Erholung im Incoming-Markt

Der Incoming-Markt erholt sich weiterhin deutlich langsamer als der Binnenmarkt. In Thüringen übernachteten zwischen Januar und September 2022 26,4 % weniger ausländische Gäste als 2019. Bundesweit wurden ähnliche Werte erreicht. Besonders die volumenstarken Märkte wie Polen
(-34,7 %), die Niederlande (-38,1 %) und die Schweiz (-24,2 %) sind noch deutlich vom Ausgangsniveau entfernt (ohne Camping). Der Top-Quellmarkt Niederlande liegt auch im Campingsegment noch deutlich unter den Zahlen des Jahres 2019. (-40,9 %)

Campingsegment weiterhin stark

Die Betriebstypen entwickeln sich erneut sehr unterschiedlich Die Campingplätze in Thüringen vermeldeten in den ersten neun Monaten 2022 weiterhin sehr gute Zahlen. 11,6 % mehr Übernachtungen als im gleichen Zeitraum 2019 sind ein hervorragendes Ergebnis. Diese Zuwächse stammen jedoch ausschließlich von inländischen Campinggästen. Ausländische Urlauber mieden auch die Campingplätze weiterhin (-30,8 %). Auch die Hotels garnis (-0,1 %) kamen wieder auf das 2019er Übernachtungsniveau und waren bei inländischen Gästen sogar im Plus (+4,0 %). Das ist eine deutlich positivere Entwicklung als bundesweit. Im Gegensatz dazu stehen die Hotels, die weiterhin ein Fünftel weniger Übernachtungen als 2019 erzielten. Ferienhäuser/-wohnungen sind ebenfalls seit Pandemiebeginn überdurchschnittlich beliebt. Hier waren die Rückgänge mit -2,3 % überschaubar, aus dem Inland gab es auch hier leichte Zuwächse (+0,9 %). In Gruppenunterkünften wie Erholungs- und Ferienheimen ist die Lage nach wie vor am schwierigsten (-30,2 %).

Bettenauslastung weiterhin niedrig

Auch bei der Bettenauslastung liegt Thüringen etwas hinter den Wettbewerbern zurück. 31,9 % zwischen Januar und September 2022 bedeuten 5,1 Prozentpunkte weniger als im Vergleichszeitraum 2019. Bundesweit lag die Bettenauslastung in den ersten neun Monaten bei 36,4 % und damit 3,7 Prozentpunkte niedriger als 2019. Die einzelnen Betriebstypen schneiden hierbei sehr unterschiedlich ab. Gasthöfe konnten ihre Auslastung sogar leicht um 0,1 Prozentpunkte steigern. Jugendherbergen und Hütten verloren nur 1,0 Prozentpunkte, Ferienhäuser und -wohnungen nur 2,4 Prozentpunkte. Ganz anders sieht es bei den Hotels garnis (-7,7 Prozentpunkte), den Hotels (-7,3 Prozentpunkte) und bei Erholungs- und Ferienheimen (-10,3 Prozentpunkte) aus.

Ausblick

Der Thüringen-Tourismus ist nach wie vor in einer schwierigen Situation. Aber es gibt auch einige Lichtblicke. Einige Betriebstypen entwickeln sich bereits wieder positiv, allen voran das Campingsegment. Der Städtetourismus inkl. Veranstaltungsgeschäft läuft langsam wieder an, selbst wenn es in der Fläche an den Zahlen noch nicht wieder sichtbar ist. In Weimar verzeichnete bspw. die Weimarhalle wieder eine steigende Nachfrage, allerdings noch nicht auf dem Niveau von 2019. Hoffnung machen auch einige Großveranstaltungen im Thüringer Wald. Die Rennrodel Weltmeisterschaften im Januar und die Biathlon Weltmeisterschaften im Februar wirken sich sicher positiv auf die Nachfrage aus und können positive Bilder vom Reiseland Thüringen transportieren.

 

­­2. TAGESREISEN JANUAR BIS OKTOBER 2022

Tagesreisen liegen im Herbst unter Normalniveau

Nachdem im Corona-Jahr 2020 gegenüber einem Normaljahr deutlich weniger Tagesreisen stattfanden, zeigte sich ab Frühsommer 2021 deutschlandweit eine Erholung des Tagesausflugsmarkts. Zu Beginn des Jahres 2022 war das Ausflugsverhalten der Deutschen aufgrund der hohen Inzidenzen immer noch (leicht) unterdurchschnittlich, entwickelte sich aber ab März/April bereits wieder deutlich Richtung Normalniveau. Im Sommer 2022 wurden die Werte der vergangenen Jahre teilweise sogar (deutlich) übertroffen. Seit Anfang September liegen die Zahlen jedoch zum Teil wieder (deutlich) unter Normalniveau. Neben den (zeitweise) wieder ansteigenden Corona-Inzidenzen, durch die schlichtweg viele Tagesreisen gar nicht stattfinden konnten (Stichwort: Quarantäne) sind hierfür u. a. die allgemeinen Preissteigerungen und die dadurch bedingte Reduzierung der verfügbaren Einkommen ausschlaggebend. In einer im Oktober 2022 durchgeführten Sonderfrage im dwif-Tagesreisenmonitor gaben 46 Prozent der Deutschen an, aufgrund der Inflation weniger Tagesausflüge unternehmen zu wollen als normalerweise.

In den Monaten des 9-Euro-Tickets bestätigt der dwif-Tagesreisenmonitor zudem eine Verschiebung hin zu mehr Bahnverkehr und ÖPNV-Nutzung. In den Monaten Juni bis August zeigt sich im Modal Split ein Anteilswachstum des ÖPNV von 10 Prozent auf 19 Prozent.

Seit Frühjahr 2022 ist auch eine zunehmende Normalisierung aller Aktivitäten zu beobachten. Wenngleich „naturnahe Aktivitäten“ weiterhin im Trend lagen, zeichnete sich entsprechend den regenerationsschnelleren Aktivitäten wie Sehenswürdigkeiten und Gastronomiebesuche nun auch im Veranstaltungswesen ein klarer Trend nach oben ab, womit auch hier weitestgehend das vor-pandemische Niveau erreicht werden konnte.

 

­­3. FREIZEITWIRTSCHAFT JANUAR BIS SEPT. 2022

Angespannte Situation in der Freizeitwirtschaft hält an

Die Freizeitwirtschaft in Thüringen steht weiterhin vor einer schwierigen Situation. Es fehlten zwischen Januar und September 2022 weiterhin rund jede:r fünfte Besucher:in. Die größten Rückgänge stammen zwar vom Jahresbeginn, aber auch in den Sommermonaten waren die Rückgänge weiterhin zweistellig. Lediglich im August gab es einen Lichtblick und eine positive Entwicklung gegenüber 2019 (+2,8 %). Bundesweit waren ebenfalls noch Rückgänge zu verzeichnen, jedoch weniger stark als in den Thüringer Einrichtungen (-13,4 %).

Die Kategorien im Detail:

  • Freilichtmuseen und Besucherbergwerke können in Thüringen wieder aufatmen. Sie lagen nur noch 3,1 % unter dem Ergebnis des Jahres 2019. Das gute Ergebnis kommt insbesondere durch einen besucherstarken August und April zu Stande.
  • Die Museen bewegen sich in allen Monaten in etwa im Thüringer Durchschnitt. Im August kamen auch sie recht nah an das Ergebnis von 2019 heran (-3,6 %).
  • Sie Stadtführungen liegen weiterhin deutlich unter Normalniveau. Hier fehlten bis inkl. September noch rund vier von zehn Teilnehmer:innen. Im August wurde sogar nur die Hälfte des Niveaus von 2019 erreicht.

Ausblick

Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs sind auch bei den Freizeiteinrichtungen inzwischen spürbar. Die stark gestiegenen Energiekosten treffen insbesondere Einrichtungen mit einem hohen Energiebedarf, zum Beispiel Erlebnisbäder und Thermen, besonders stark. Auch Zoos und Tierparks müssen ihre Gebäude in den Wintermonaten weiterhin beheizen und haben mit stark gestiegenen Preisen für Futtermittel zu kämpfen. Museen müssen häufig eine bestimmte Basistemperatur halten, um vor allem ältere Exponate vor dem Verfall zu schützen. Die generellen Preissteigerungen, die Verringerung des Reisebudgets, die sich bei der Nachfrage niederschlagen könnte, und eine daraus resultierende Konsumzurückhaltung bei Übernachtungs- und Tagesreisen stellen die Freizeitwirtschaft in Thüringen vor große Herausforderungen.

 

Wir hoffen, dass wir Ihnen im vergangenen Jahr mit unseren Marktforschungsdaten den einen oder anderen Impuls für Ihre eigene Arbeit geben konnten. Freuen Sie sich schon auf die erste Ausgabe im neuen Jahr. Bis dahin wünschen wir Ihnen frohe Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr!



Autorin: Marktforschung
Thüringer Tourismus GmbH
E-Mail: marktforschung@thueringen-entdecken.de
Telefon: +49 361 3742239


Als PDF speichern
Seite Teilen Über:
Kommentare einblenden Kommentare ausblenden

Keine Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Weitere Artikel