Die Sinus-Milieus sind ein Gesellschaftsmodell, das Menschen mit ähnlichen Werten und einer vergleichbaren sozialen Lage zu „Gruppen Gleichgesinnter“ zusammenfasst. Die Übergänge zwischen den Milieus sind dabei fließend. Das Modell der Sinus-Milieus basiert auf den Wertorientierungen, Lebensstilen, ästhetischen Präferenzen und der sozialen Lage der deutschen Bevölkerung.
Da sich die Gesellschaft stetig fortentwickelt, sind auch die Milieus in Bewegung. Werte verändern sich durch prägende Ereignisse und Entwicklungen, wie Klimawandel, Resilienz oder Digitalisierung, die Corona-Pandemie wirkte hier als relevanter Beschleuniger. Vor diesem Hintergrund hat das SINUS-Institut Ende 2021 eine neue Milieu-Studie herausgebracht – mit relevanten Änderungen innerhalb der bisherigen vier Thüringer Leitmilieus. So ist festzustellen, dass von der Mitte der Gesellschaft eine große sozio-kulturelle Dynamik ausgeht. Die Lebens- und Wertewelten driften auseinander. Ein statusoptimistischer Teil modernisiert sich und blickt nach oben. Der harmonieorientierte, größere Teil der Gesellschaft sieht seinen Lebensstil und seine Prinzipien entwertet, zieht sich zurück und grenzt sich ab. Nachhaltigkeit wird zu einer sozialen Norm in der Mitte, Veränderungsfähigkeit und Resilienz werden zu Kernkompetenzen der Leitmilieus. Das Adaptiv-Pragmatische Milieu rückt nun an die Stelle der abstiegsbesorgten Bürgerlichen Mitte ins Zentrum des gesellschaftlichen Mainstreams. Aufgrund der wachsenden Bedeutung von Nachhaltigkeit und Klimaschutz verschmelzen Liberal-Intellektuelle und Sozialökologische zum Postmateriellen Leitmilieu. Daneben hat sich ein neues Milieu herausgebildet: die Neo-Ökologischen. Hier ist man gleichzeitig progressiv und realistisch, pragmatisch und experimentierfreudig, erfolgsorientiert und partybegeistert.
Für Thüringen sind drei der zehn Milieus von besonderer Bedeutung: das Konservativ-Gehobene Milieu, das Postmaterielle Milieu sowie die Adaptiv-Pragmatische Mitte.
Die Konservativ-Gehobenen sehen sich als die Werte-bewahrende Elite der Gesellschaft. Sie haben eine hohe Erwartungshaltung gegenüber sich selbst und anderen und sind die Verfechter christlich-humanistischer Grundsätze und konservativ-bürgerlicher Werte: Tradition, intakte Familie, Bildung und Kultiviertheit, Disziplin und Ordnung, Glaube und Religion. Im Vergleich zu anderen Milieus bevorzugen die Konservativ-Gehobenen überdurchschnittlich Erholungs- und Wellness-Urlaube und schätzen Qualität und Sicherheit. Während beim Konservativ-Gehobenen Milieu bis auf eine gestiegene Social-Media-Affinität (Instagram-Nutzung +14%) kaum Veränderungen im Vergleich zum bisherigen Konservativ-Etablierten Milieu festzustellen sind, sind die Änderungen in den beiden anderen neuen und mengenmäßig größten Milieus nachvollziehbar deutlicher.
Das Postmaterielle Milieu geht als ein neues Leitmilieu aus der Überarbeitung des Milieu-Modells von 2021 hervor. Sie sind die Verfechter von Post-Wachstum, Nachhaltigkeit, diskriminierungsfreien Verhältnissen und Diversität. Hier steht weniger der Status im Vordergrund, sondern vielmehr Selbstbestimmung, Authentizität und Selbstentfaltung. Aufgrund des zunehmenden Klimawandels achten Postmaterielle stärker auf die Wahl des Urlaubsortes oder des Reiseverkehrsmittels als andere Milieus und nutzen den Urlaub, um sich weiterzubilden, weswegen ein vielfältiges Kulturangebot zum Anziehungsfaktor wird. Das neue – mit 48 Jahren im Durchschnitt leicht verjüngte – Postmaterielle Milieu stellt das perfekt zur Marke Thüringen Entdecken passende Milieu dar. Hier verschmelzen Interessen für Kunst, Kultur, Natur und Umwelt – Werte, die unsere Marke prägen und ausmachen. Insofern ist dies das aktuelle Leitmilieu für das Reiseland und seine Destinationen. Auch hier ist die Mediennutzung breit aufgestellt: TV (94%), Internet (93%, steigend), Radio (86%), Soziale Netzwerke (67%, steigend), Zeitschriften (66%), regionale Tageszeitung (66%), Podcasts (19%). Im Vergleich zum vorgenannten Milieu sind aber die führenden Medien wie TV und Radio insbesondere auch für die Reiseinspiration relevant, die Internetnutzung nimmt hier weiter zu und ist vergleichsweise relevanter als die sozialen Medien.
Die Adaptiv-Pragmatische Mitte stellt den modernen, aufgeschlossenen Mittelpunkt unserer Gesellschaft dar. Ein starkes Bedürfnis nach Verankerung und Zugehörigkeit geht einher mit wachsender Unzufriedenheit und Verunsicherung aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklungen. Doch es gibt auch eine große Offenheit für neue Moden, Medien, Technologien sowie den Wunsch nach Spaß und Unterhaltung. Im Urlaub stehen vergnügliche Freizeitaktivitäten wie Wandern, Schwimmen, Rad-fahren und die Zeit mit der Familie und neuen Bekanntschaften im Vordergrund. Die neue Adaptiv-Pragmatische Mitte hat sich als moderner Mainstream etabliert und gilt mit aktuell 8,3 Mio. als stabiles Milieu. Das Durchschnittalter hat sich um 5 Jahre auf 47 erhöht. Das Medienverhalten der unterhaltungsorientierten digitalen Networker ist breit aufgestellt. Hier führen TV (90%) vor Internet (90%) und Radio (84%). Inspiration und Information für das Freizeit- und Reiseverhalten sucht man in TV und Radio aber weniger, hier gelten neben dem Internet vor allem die Sozialen Netzwerke (70%), Zeitschriften und Magazine (68%), die regionale Tageszeitung (61%, steigend) und auch Podcasts (18%) als relevante Quellen.
Im Prozess betrachtet wurde auch das neue Neo-Ökologische Milieu. Das extrem klimasensible und recht unkonventionelle (Party und Protest) junge Milieu hat jedoch aktuell trotz der selben Einstellung zu Natur- und Umweltthemen noch keine Relevanz für Thüringen. Die Natur spielt in der Frage der Freizeitaktivitäten eher keine Rolle und das Thüringer Angebot müsste sich erst in Richtung dieser Motivstrukturen weiterentwickeln. Zudem gibt es keine Überschneidungen zu den anderen relevanten Milieus, was Synergien in der Bearbeitung verhindert.
Neben der Betrachtung der Zielgruppen erfolgte in Thüringen auch eine intensive Auseinandersetzung zur zukünftigen Ausgestaltung der Reisemotive. Die in der Strategie festgelegte unabdingbare Verknüpfung von Reisemotiv und Zielgruppe hat sich mit dem neuen SINUS-Modell aufgehoben. Dennoch stehen die Reisemotive unverändert für das Angebot der Marke Thüringen. Abzuleiten ist ein durch die Corona-Pandemie verstärktes und zielgruppenübergreifendes Interesse an Naturthemen, Wandern, Radfahren, Spazieren gehen, Körper und Seele in Einklang bringen. Vor diesem Hintergrund können die Inhalte des Reisemotivs Sehnsucht über alle Zielgruppen hinweg die Inspiration tragen und verstärken, die Sehnsucht wird zum Querschnitts-Reisemotiv.
Die neuen Entwicklungen führen zu einer Trennung der in der Tourismusstrategie 2025 festgelegten Bindung von Reisemotiv und Zielgruppe. Künftig erfolgt in Thüringen eine weitere Konzentration auf das Konservativ-Gehobene, das Postmaterielle sowie das Adaptiv-Pragmatische Milieu. Das Postmaterielle Milieu wird dabei zum Kernmilieu für Thüringen. Das Konservativ-Gehobene und das Neo-Ökologische Milieu sind mit einer neuen Strategie ab 2025 neu zu bewerten.
Die Reisemotive Kennerschaft, Faszination, Neugierde und Sehnsucht werden beibehalten. Das Reisemotiv Sehnsucht wird dabei zum Querschnitts-Reisemotiv. Das Zielegruppen-Management wird zum Reisemotiv-Management.
Diese Erkenntnisse führen in Summe nicht zu einem völligen Umbruch der bisherigen Mediaplanungen, aber zu gewissen Nachschärfungen in der Medien-Auswahl, in der Intensität der Bespielung und der organisatorischen Umsetzung im Team. Deutlich wird auch, dass im Bereich der Sozialen Medien perspektivisch mehr Budget und personelle Kapazitäten benötigt werden.
Die Kampagne Querbeet durch Thüringen, als begleitende Werbekampagne zur BUGA, wurde durch Anzeigenschaltungen beispielsweise in den Magazinen und Zeitungen wie Food & Travel, ADAC Reisemagazin, Zeit Magazin, Süddeutsche Zeitung, Magazin Landleben, GEO SAISON eine Reichweiten-Sichtbarkeit von insgesamt 8,24 Mio. erzielt. Ergänzt durch die vielfältigen Social-Media Marketingmaßnahmen bestehend aus Newsletter, Facebook, Instagram, Google Ads, Suchmaschinenwerbung u. a. wurden in Summe aller Maßnahmen eine Sichtbarkeit mit mehr als 20. Mio. Impressions erreicht.
Zur Reichweitensteigerung und Imageförderung der Marke wurden 2021 insgesamt sechs Kampagnen auf den Social-Media-Kanälen durchgeführt. Direkte Aufrufe für eine Reise nach Thüringen ließen sich aufgrund des Lockdowns oft nicht realisieren. Dennoch erzielten die Kampagnen insgesamt 1,2 Mio. Impressions und 81 Tsd. Interaktionen.
Mit Facebook konnten 2021 5,9 Mio. Personen erreicht werden. Im Vergleich zu 2020 entspricht dies einer Steigerung um 31,7%. Im landesweiten Vergleich aller LMOs in Deutschland (ausgenommen Stadtstaaten) konnte sich „Thüringen entdecken“ von Rang 8 (2020) auf Rang 4 (2021, Vergleich Fananzahl und Interaktionsrate) verbessern.
Instagram ist der am stärksten wachsende Kanal und auch der Kanal mit der höchsten Interaktionsrate (Engagement Rate 5,10%). Durch die Verbindung mit den Hashtags #deinThüringen und #visitthuringia steigerte sich die Sichtbarkeit auch im internationalen Raum.
Wöchentlich, immer freitags, wurden als „Highlight der Woche“ die besten Bilder der Community geteilt, die mit dem Hashtag #deinThüringen versehen wurden. Damit wurden sehr gute Interaktionsraten generiert und die Fananzahl kontinuierlich gesteigert. Neben Storys und Feed-Beiträgen wurden 2021 besonders die Reel-Beiträge ausgebaut, für die zukünftig mehr Content entstehen soll.
Anlässlich des Jubiläums „Neun Jahrhunderte jüdisches Leben in Thüringen“ wurde die Kampagne „KulturErbe“ Ende Mai 2021 gestartet, die speziell auf die Zielgruppen der Reisemotive „Faszination“ und „Kennerschaft“ ausgelegt wurde.
Die print-affine Zielgruppe wurde unter anderem mit Advertorials in den Magazinen MONOPOL, CICERO und ZeitGeschichte erreicht. Die Gesamtreichweite der Magazine lag bei 1,07 Mio. Lesern.
Mit weiteren Kampagnen und Vermarktungsaktionen wie „Entdecke Deutschland“, in denen Werbung für Urlaub in Deutschland gemacht wurde, erreichte die TTG 3,89 Mio. Leser, mit der Social-Media-Kampagne „Bratwurst können wir. Urlaub auch“ wurden 3,7 Mio. Impressions erzielt.
Insgesamt konnten mit den vielfältigen Marketing-Maßnahmen 43,4 Mio. Impressions generiert und Thüringen eine gute Sichtbarkeit bei den Zielgruppen gegeben werden.
Weiterführender Artikel: Standortbestimmung und Wirtschaftsfaktor
Den gesamten Marktforschungsnewsletter finden Sie hier zum Download:
2/2022: Standortbestimmung, Wirtschaftsfaktor, Sinus Milieus (616.6 KiB)