Teilnehmer der Zusatzqualifikation für Natur- und Landschaftsführer sind beeindruckt:
Langsam gehe ich in den Seminarraum. Ich weiß, dass in Gehrichtung als Nächstes ein Tisch kommt. Nach wenigen Schritten stoße ich an, taste mit der Hand nach der Lehne des Stuhls, der am Tisch steht, bewege mich an der Reihe der Stuhllehnen entlang, bis ich zu einem Stuhl komme, der etwas vom Tisch entfernt steht. Mein Platz … Eine Hand greift die Kaffeekanne, die andere tastet nach der Tülle. Ich platziere die Tülle am Rand der Tasse, die vor mir auf dem Tisch steht und gieße mir Kaffee ein. Die zweite Hand umschließt währenddessen die Tasse. Die sich erwärmende Außenseite soll mir signalisieren, wie viel Kaffee ich schon in die Tasse gegossen habe. Schwierig. Ich fülle meine Tasse fast bis zum Überlaufen, bevor ich die Wärme deutlich wahrnehme.
Was hier als Teil einer Simulationsübung unter Anleitung der Rehabilitationstrainerin Ute Oelschlegel beschrieben wird, ist für andere Lebensalltag: Die Orientierung im Raum und die Bewältigung von Aufgaben des täglichen Lebens ohne sehen zu können.
Ein Großteil der Informationen, die auf uns einstürmen, nehmen wir mit dem Sehsinn wahr. Fällt der Sehsinn weg, schränkt das die Wahrnehmungsmöglichkeit ein. Andere Sinne treten in den Vordergrund. Tasten und Hören gewinnen an Bedeutung. Zertifizierte Natur- und LandschaftsführerInnen (ZNL) können blinden und sehbehinderten Menschen behilflich sein, Natur und Landschaft mit vielen Sinnen zu erfahren. In der neuen Zusatzqualifikation lernen die ZNL grundlegende Bedürfnisse von Menschen mit Sehbehinderung in Bezug auf Natur- und Landschaftsführungen kennen, können entsprechende Angebote konzipieren und durchführen. Die Premiere der Zusatzqualifikation fand an zwei Oktoberwochenenden in der REGIOMED Rehaklinik in Masserberg statt. Fünf ZNL nahmen daran teil.
Zu Beginn stellten Frau Feuer, Landesfachstelle für Barrierefreiheit des Thüringer Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung und Peggy Fauß, Thüringer Tourismus GmbH, den Zusammenhang zwischen der Zusatzqualifikation und dem ungleich größeren Thema Barrierefreiheit her. Beide warben eindrücklich für Inklusion. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des demographischen Wandels ist das eine dringende Vorsorgeaufgabe.
Dass Barrierefreiheit kein Thema für Randgruppen ist, wurde anhand der Formel 10-40-100 deutlich: Barrierefreiheit ist für 10 Prozent der Bevölkerung unentbehrlich (z. B. Rampen für Rollstuhlfahrer), für 40 Prozent notwendig (z. B. Menschen mit Kinderwagen) und für 100 Prozent komfortabel.
Dem Thema Blindheit bzw. Sehbehinderung und den damit verbundenen Auswirkungen auf das tägliche Leben widmeten sich zwei Referentinnen aus ihrer persönlichen Perspektive heraus:
Simulationsbrillen ließen die TeilnehmerInnen erahnen, wie sich unterschiedliche Augenerkrankungen auf das Sehvermögen auswirken. Gleich zu Beginn bekamen alle TeilnehmerInnen eine Augenbinde und mussten sich damit:
Für die Gruppe besonders wertvoll waren die Gespräche mit Frau Friedrich und die Offenheit, mit der sie alle Fragen beantwortete.
Im zweiten Teil demonstrierte Bastian Hinz, wie eine Natur- und Landschaftsführung für Menschen, die nicht sehen können, gestaltet werden kann. Bastian Hinz ist selbst ZNL für den Thüringer Wald. Seit 2019 bietet er Führungen für Patienten der Rehaklinik an. Bemerkenswert sind die vielen Details, auf die er achtet. Das fängt bei der Kleidung an: „Wandergrün“ ist ungeeignet. Nötig sind stattdessen Farben, die auffallen und mit der Umgebung kontrastieren.
Schnell wurde deutlich, dass bereits Bekanntes bewusster einzusetzen ist. Vieles aus dem Methodenrepertoire aus der Naturpädagogik lädt dazu ein, die Natur tastend, schmeckend, riechend und hörend wahrzunehmen. Das ist ein reicher Fundus, aus dem ZNL wählen können.
Eine besondere Herausforderung stellen mündliche Beschreibungen von Landschaften und Lebensräumen dar. Hier gilt es sorgfältig auszuwählen und das Erzählen neu einzuüben. Was ist wichtig? Auf welche Details kann verzichtet werden? Welches Bild soll vermittelt werden?
Zum Abschluss der Zusatzqualifikation sammelte die Gruppe Aspekte, auf die es bei Natur- und Landschaftsführungen für Menschen, die nicht sehen können, besonders ankommt:
Wie viele Menschen in Deutschland von Blindheit oder starker Sehbehinderung betroffen sind, ist nicht bekannt. Rückschlüsse erlaubt die Schwerbehindertenstatistik, die Menschen erfasst, die einen Schwerbehindertenausweis haben. Danach gab es in Deutschland rund 80.000 blinde Menschen (Stand 31.12.2019), weitere 51.000 galten als hochgradig sehbehindert und 453.000 als sehbehindert. Für den Deutschen Blinden und Sehbehindertenverband sind diese Zahlen die Untergrenze, die tatsächliche Zahl an betroffenen Menschen ist deutlich höher.
Ihr Ansprechpartner
Heimatbund Thüringen e.V.
Thomas Pohler
Tel.: +49 36458 633676
znl@heimatbund-thueringen.de
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