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Nachfrageentwicklung in Thüringen im Herbst 2020

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Weniger Gäste im Oktober 2020, Übernachtungszahlen aber nahezu stabil

Der Thüringen-Tourismus startete hoffnungsvoll in den Herbst und profitierte vom Interesse am Urlaub im eigenen Land sowie dem hohen Interesse an naturnahen Aktivitäten wie Wandern und individuellen Unterkunftsformen. Während in den Sommermonaten Juli und August jeweils rund ein Fünftel weniger Übernachtungen als im Vorjahr im Bundesland gezählt wurden, verlief schon der September (-4,5 Prozent) deutlich besser. Im Oktober sanken zwar einmal mehr die Ankünfte mit -8,6 Prozent, bei den Übernachtungen wurde mit -1,9 Prozent hingegen fast wieder das Vorjahresniveau erreicht. Damit belegte Thüringen im bundesweiten Dynamikranking Platz drei nach den Küstenbundesländern Mecklenburg-Vorpommern (+11,3 Prozent) und Schleswig-Holstein (+9,5 Prozent).

Der Thüringer Wald (+8,2 Prozent) liegt beim Übernachtungswachstum im Oktober auf Platz 8 von rund 140 deutschen Destinationen und entwickelte sich damit besser als viele andere Mittelgebirge. Städtedestinationen haben es in Thüringen wie auch deutschlandweit weiterhin deutlich schwerer. Die Rückgänge in den Städten Eisenach, Erfurt, Jena und Weimar beliefen sich auf 12,3 Prozent.

Seit dem 2. November 2020 sind touristische Übernachtungen wieder bundesweit verboten. Nur geschäftliche Übernachtungen sowie Übernachtungen zu „dringenden privaten Zwecken“ sind erlaubt. Die Übernachtungen in Thüringen sanken im Monat November demzufolge um 67,9 Prozent. Dabei liegt Thüringen im Bundesländervergleich wiederum im vorderen Drittel (Platz 5) und kommt bislang mit weniger starken Nachfrageeinbrüchen durch diesen zweiten Lockdown. Die Spannweite der Rückgänge im November liegt zwischen 86,5 Prozent in Berlin und 59,6 Prozent in Brandenburg.

Ankünfte und Übernachtungen im Herbst 2020

Bei den Übernachtungen ausländischer Gäste gab es mit -53,4 Prozent im Oktober (November: -72,7 Prozent) erneut deutlich Rückgänge. Besonders betroffen waren hierbei die kreisfreien Städte. Reisebeschränkungen und Quarantäneregelungen sowie weiterhin fehlende Geschäfts- und Städtetouristen verhinderten hier eine positivere Entwicklung. Die Übernachtungen der inländischen Gäste stiegen hingegen thüringenweit mit +1,1 Prozent leicht (November: -67,5 Prozent).

Ankünfte und Übernachtungen Januar-Oktober

Die Entwicklung im Oktober darf jedoch nicht über das Corona-bedingte Defizit 2020 hinwegtäuschen. Die Übernachtungsverluste in Thüringen zwischen Januar und Oktober belaufen sich auf 29,6 Prozent und stellen die Anbieter weiterhin vor große Herausforderungen. Der erneute Lockdown seit Anfang November, der keine touristischen Übernachtungen mehr erlaubt sowie das damit wegbrechende wichtige Weihnachts- und Silvestergeschäft verschärfen die Situation für die Betriebe. Zwischen Januar und November beliefen sich die Rückgänge in Thüringen auf 32,4 Prozent (im Vergleich Deutschland -36,4 Prozent). Wie eine aktuelle Umfrage des DEHOGA-Bundesverbands Anfang Januar bei 12.000 Betrieben zeigt, bangen deutschlandweit drei Viertel der Gastronomen und Hoteliers um ihre Existenz. Jeder vierte Unternehmer zieht konkret die Betriebsaufgabe in Erwägung (Quelle: www.dehoga-bundesverband.de).

 

Betroffenheit der Marktsegmente variiert stark

Die Corona-Pandemie hat eine starke Segmentierung und Fragmentierung im Tourismus zur Folge, die von Destinationstypen über Betriebstypen bis hin zu einzelnen Standorten reicht. Während im Beherbergungsgewerbe viele Unterkunftsformen wie die Hotellerie und insbesondere Gruppenunterkünfte wie Jugendherbergen, oder Erholungs- und Ferienheime auch im Herbst weiterhin starke Verluste verzeichneten, haben individuelle Unterkunftsformen wie Ferienhäuser/-wohnungen und Campingplätze weiterhin deutlich an Zuspruch gewonnen.

Diese Unterkunftsformen sind bereits seit Jahren bei den Gästen beliebt, da sie eine große Flexibilität bieten. Durch die Corona-Pandemie haben sie einen erneuten Schub bekommen, denn hier lassen Abstands- und Hygieneregeln besser als in anderen Unterkunftsformen einhalten. Dies belegen auch die Übernachtungszahlen für Thüringen. Im Segment der gewerblichen Ferienhäuser/-wohnungen gab es deutschlandweit im Oktober einen Übernachtungszuwachs von 12,6 Prozent. Daten für Thüringen lagen zum Veröffentlichungszeitpunkt dieses Newsletters noch nicht vor.

Im Campingsektor sind die Übernachtungszahlen auch im Oktober thüringenweit deutlich gestiegen (+115,6 Prozent). Allein im Thüringer Wald haben sich die Übernachtungszahlen im Oktober auf den 33 geöffneten Campingplätzen fast verdreifacht. Auch die Zahlen des Caravaning Industrie Verbands bestätigen diese Entwicklung. Zwischen Januar und November wurden deutschlandweit ein Viertel mehr Caravans und mehr als doppelt so viele Reisemobile zugelassen wie noch im Vorjahr (Quelle: www.civid.de). Dadurch wird sich das Campingsegment auch 2021 sehr dynamisch entwickeln.

Die Thüringer Hotellerie hingegen musste auch im Oktober leichte Verluste hinnehmen (-1,3 Prozent). Diese waren jedoch ausschließlich auf den Rückgang der ausländischen Übernachtungen in diesem Segment zurückzuführen (-52,6 Prozent).

Übernachtungen auf Campingplätzen Oktober 2020 zu 2019

Die Corona-Pandemie wird langsam auch auf der Angebotsseite spürbar. Jede*r vierte im Rahmen des Sparkassen-Tourismusbarometers Ostdeutschland im Dezember befragte Touristiker*in in Thüringen spürte in den letzten Monaten bereits vermehrt Marktaustritte. Diese erfolgten insbesondere in den stark wirtschaftlich betroffenen Segmenten Gastronomie und Eventanbieter. Aber auch einige Privatvermieter haben aufgegeben. Der in Thüringen wie bundesweit deutlich geringere Rückgang der Auslastung im Vergleich zu den Übernachtungen im Zeitraum Januar bis Oktober 2020 deutet darauf hin, dass auch bei den gewerblichen Beherbergungsbetrieben viele Anbieter geschlossen haben. Ob dies nur temporär oder von Dauer und wenn ja, in welchem Umfang sein wird, ist noch nicht abzusehen. Eine Abschätzung der Betroffenheit einzelner Marktsegmente/Betriebstypen seitens des dwif geht aus der folgenden Abbildung hervor.

Betroffenheitsmatrix Gastgewerbe Januar 2021

 

(Noch) Zurückhaltung bei Anfragen für 2021, auf kurzfristige Buchungen einstellen

Die Unsicherheiten, die Verordnungen und persönlichen Risikoeinschätzungen im Zuge der Corona-Pandemie schlagen auch in den Planungen für das Reisejahr 2021 nieder. Wie eine Befragung der Tourismusorganisationen im Dezember im Rahmen des Sparkassen-Tourismusbarometers Ostdeutschland gezeigt hat, vermeldeten in Thüringen drei Viertel der Tourismusorganisationen für den Zeitraum Januar bis April ein gesunkenes Anfragevolumen im Vergleich zu einem Durchschnittsjahr, für Mai bis August waren es ebenfalls noch zwei Drittel. Dies ist jedoch noch kein Hinweis auf eine gesunkene Reiselust oder eine schrumpfende Nachfrage, wenn Reisen zu touristischen Zwecken wieder möglich sein werden. Vielmehr spiegeln diese Einschätzungen den Trend zu einem immer kurzfristigeren Informations- und Buchungsverhalten aufgrund der Rahmenbedingungen wider. Darauf sollten sich die Anbieter mit Blick auf ihre Marketingaktivitäten, Preisstrategien, Anreisemodalitäten etc. bereits heute einstellen. Das sind die Erfahrungen aus dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020.

 

Innovationen sichern die mittelfristige Existenzfähigkeit

Innovationen sind generell ein wichtiger Treiber in der Tourismuswirtschaft. Im Zuge des temporären Aussetzens von Marktmechanismen und neuer Anforderungen, aber auch neuer Angebotsformen (z.B. infolge der Digitalisierung), nimmt der Innovationsdruck auf die Marktteilnehmer*innen weiter zu. Die Tourismusorganisationen in Thüringen bescheinigen insbesondere der Gastronomie, der Eventwirtschaft und der Freizeitwirtschaft eine vergleichsweise hohe Innovationskraft, gefolgt von den gewerblichen Beherbergungsbetrieben. Auffällig ist, dass gerade diejenigen Branchenteile im Zuge der zweiten Recovery-Phase gefordert sein werden, die schon jetzt zu den am stärksten betroffenen zählen.

Blitzbefragung Tourismusorganisationen Dezember 2020

Für Betriebe und Destinationen bedeutet das:

  • Öffnungsstrategien für die Zeit nach dem Lockdown entwickeln.
  • Anbieter müssen sich weiterhin auf ein noch kurzfristigeres Buchungs- und Informationsverhalten einstellen; dadurch wird transparenter und aktueller Content noch wichtiger.
  • Produkte für den Trend Aktiv in der Natur/Outdoor (weiter)entwickeln.
  • Das Stadterlebnis war und ist durch die Corona-Pandemie stark eingeschränkt. Daher sollte der Re-Start im Städtetourismus kommunikativ begleitet werden.
  • Strategie für die Zukunft des MICE-Segmentes entwickeln, besonders für größere Veranstaltungen wie Messen, Tagungen oder Kongresse.

 

Weiterführende Artikel:

Freizeitwirtschaft und Tagesreisen – der Einfluss der Corona-Pandemie

Reiseverhalten und Qualität in Corona-Zeiten

Den gesamten Marktforschungsnewsletter zum Download finden Sie wie folgt:

Marktforschungsnewsletter 1 2021 Nachfrageentwicklung In Thüringen Im Herbst 2020 (1.3 MiB)



Autorin: Marktforschung
Thüringer Tourismus GmbH
E-Mail: marktforschung@thueringen-entdecken.de
Telefon: +49 361 3742239
Kategorien:
Marktforschung


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